Und nun zurück zum Geschäft. Wir sind in einem Stück zurückgekommen. Es gab keine großen Verluste. Dies ist ein Bericht des Ortes, den wir besuchten und die Auswirkungen unserer Arbeit.
(Dieser Photoessay entstand nach unserer letzten Reise diesen Monat. Dieser Photoessay umfasst nicht alle Objekte und Orte, die wir besuchten, sondern nur jene, welche nicht im vorherigen Bericht waren und die HIER gefunden werden können.)
Der Binnenhafen
Eine riesige Ansammlung von verlassenen Schiffen, vollständig aller wertvollen Gegenstände und Ausrüstungen beraubt. Nur Stahl. Hunderttausende Tonnen. Nur noch Wracks. Wir haben eine Erlaubnis sie zu erkunden und so gehen wir hinein. Wir sind entsetzt über die Szene aus Zerstörung und Verwüstung. Verrostet, aber in den meisten Fällen ist der Name der Einheit noch immer lesbar. Man kann die weit bekannten Symbole der sowjetischen Vorherrschaft sehen – rote Sterne, Hämmer, Sicheln… Einige der Schiffe stehen noch stolz vor Anker, aber die meisten von ihnen liegen am Ufer. In der Nähe sammelt eine Gruppe von Leuten Altmetall und schneidet größere Stücken mit dem Brenner heraus. Die Wracks werden nicht für immer hier liegen. Sie werden bald für immer verschwinden.Wir besuchen den Binnenhafen ebenfalls nachts. Es ist der perfekte Moment die Schiffe aus einem ganz anderen Winkel zu sehen. Geisterschiffe…
Das Gebiet um das Atomkraftwerk
Gleich neben dem Kühlturm des Kraftwerks ist ein Labor. In der Zeit vor der Katastrophe wurden hier radiobiologische Experimente an Fischen und anderen Tieren durchgeführt. Es gibt überall viele Tierkäfige und riesige Badewannen und andere Behälter für Fische. Während wir diese Ort erkunden, stoßen wir auf einen verlassenes Feuerwehrfahrzeug, einen Kran und ein großes Motorboot. Einen Moment später, bringt uns der Ruf eines Freundes auf die Beine – WILDSCHWEINE!! Glücklicherweise hatten sie mehr Angst vor uns und rennen verschreckt davon. Wir wurden ebenso gewarnt nicht allein in der Zone herumzulaufen – in letzter Zeit wurden nicht nur Wildschweine sondern auch Wölfe in der Stadt gesichtet.
Die Radarstation -DUGA-3
auch bekannt als Tschernobyl-2 oder das Auge von Moskau. Eine geheime Anlage, verborgen mitten im Wald. Sie kann auf keiner topographischen Karte gefunden werde. Diese geheime Militäranlage diente als ein Frühwarnsystem vor ballistischen Raketen mit Atomsprengköpfen, welche während des Kalten Krieges von den USA aus fliegen konnten. Ungefähr 1000 Menschen schoben Wache an dieser Station, die gesamte Anlage war streng geheim, genau bewacht und in einem Gebiet von 5 km abgesperrt. Im Jahr 1986 trat als Folge einer Störung im Kraftwerk von Tschernobyl ionisierende Strahlung aus, die den Großteil der elektrischen Anlagen zerstörte. Trotz dessen ist die Anlage auf die wir uns zubewegen noch immer streng bewacht. Still überall, unterbrochen nur durch die lauten Geräusche von kreischendem Metall und das Rauschen des Windes, das durch die Anlage zieht.
Friedhof der Fahrzeuge
Die verlassenen Fahrzeuge, besser gesagt, die Wracks und Fahrzeugreste machen einen großen Eindruck auf uns. Vor über 20 Jahren nahmen sie alle an der Rettungsaktion nach der Explosion des Reaktors in Tschernobyl teil. Hunderte von Fahrzeugen. Feuerwehrfahrzeuge, Krankenwagen, LKW, Privatwagen. Militärische und zivile. Sogar die Reste der riesigen MI-26 Helikopter – die größten, schwersten und stärksten Helikopter der Welt können in diesem Friedhof gefunden werden. Sie konnten bis zu 120 Menschen transportieren oder 20 Tonnen heben oder einen LKW umfassen.
Die Lastenkräne
Zwei Strassen führen zu den Kränen. Wir wählen jenen der über den „Northern Radioactive Track“ geht. Dieser Ort war einst für den weiteren Ausbau von Prypjat bestimmt. Momentan wird das Gebiet von Zement bedeckt, um das Eintreten von radioaktiven Isotopen in den nahen Fluss zu verhindern. Wir wissen, dass diese Felder verseucht sind und ein hohes Strahlungsniveau fortbesteht. Wir sprechen vorher ab, dass wir uns zurückziehen werden, wenn die Strahlung ein bestimmtes Niveau übersteigt. Dank der Dosimeter sind wir in der Lage das Strahlungsniveau zu überwachen während wir vorwärtsgehen und es stellt sich heraus, dass es sehr viel niedriger ist als auf dem Wasser selbst. Unglücklicherweise begann nach über einem halben Kilometer der Wegstrecke, das Strahlungsniveau die abgesprochene Grenze zu erreichen. Wir entscheiden uns, zurückzugehen – die Entfernung zu den verlassenen Hafenkränen ist ein bisschen zu weit, um es zu riskieren. Wir müssen während unseres Aufenthaltes in der Zone auf die sogenannte pseudo-erhöhte Toleranz gegenüber der Strahlung Acht geben. Viele Menschen haben das Gefühl, dass, wenn sie in der Zone waren (eine hohe Strahlendosis aufnehmend) und nichts ist ihnen geschehen, dass sie sich dann sicher fühlen können. Es gibt keinen größeren Trugschluss. Man fühlt es nicht, man sieht es nicht, aber man weiß, dass es da ist. Die Folgen der Strahlung können viel später auftreten. Die Kräne gehen nirgendwohin – das nächste Mal werden wir versuchen, sie von der anderen Seite zu erreichen.
Der Bahnhof
Zur Zeit ist der Zugang zur Station schwierig, da in der Nähe Leute arbeiten. Jedoch gelingt es uns zu den Waggons und Lokomotiven selbst zu gelangen. Geisterzüge – verlassene, rostende Relikte einer vergangenen Ära.
Das Photographie-Projekt „Prypjat – vorher/nachher“. Klicke auf die Bilder, um die große Variante zu sehen.
Das Ziel dieses Projektes ist es, alte Bilder zu finden, die Prypjat vor der Katastrophe zeigen und dann neue, wenn möglich gleiche zu machen, um die Veränderungen zu vergleichen, die seit dieser Zeit eingetreten sind.
Das Filmprojekt „Prypjat – Zwei Dekaden” – Probeaufnahmen
Die Probeaufnahmen wurden mit einer kleinen am Helm montierten Kamera gemacht und sind eine Einführung in einen ganzen Film, den wir mit einer professionellen Kamera während unseres nächsten Besuchs in der Zone zu drehen planen.
Die Diaschau „Tschernobyl. Confessions of a Reporter”
Die Diaschau wurde von Igor Kostins Buch „Chernobyl. Confessions of a Reporter“ inspiriert.
Zum Abschluss eine Bewertung der Reise:
Gewinne:
Wir haben 90% von dem erreicht, was wir geplant hatten (und die Hafenkräne werden nicht wegrennen).
Verluste:
Einer hat die Grippe bekommen. Aber er hat überlebt :)
Was noch?
Ein Helikopterflug über der Zone (dieses Mal haben wir es aus banalen Gründen nicht geschafft – aufgrund der Krise in der Ukraine hatte die Agentur keinen Treibstoff), die fällige Erkundung der Hafenkräne, Zugang bis zur Spitze des Auges von Moskau und ein paar Dinge über die wir nicht schreiben können … Träume? Nein. Wir träumen nicht. Wir lassen es geschehen!